Jugendberufshilfe: Keine Förderung mehr für die Autonomen Jugendwerkstätten?

Seit mehr als 25 Jahren sind die Autonomen Jugendwerkstätten ajw ein prägender Element der Hamburger Jugendberufshilfelandschaft… gewesen? Ist es damit jetzt vorbei?? Das folgende Flugblatt lässt befürchten, dass hier eine jahrzehntelang erfolgreiche Arbeit, die etlichen jungen Menschen neue Perspektiven eröffnet hat, dem Rotstift zum Opfer fallen wird.

23.07.2009

Zur aktuellen Situation der autonomen jugendwerkstätten und der Jugendberufshilfe

Die autonomen jugendwerkstätten bilden in ihren Werkstätten seit 25 Jahren sozial benachteiligte Jugendliche zu Tischlern, Malern, Gärtnern, Elektronikern und Kfz-Mechatronikern aus. Über 500 Jugendliche haben ihre Ausbildung bei uns schon erfolgreich mit der Gesellenprüfung vor der zuständigen Kammer abgeschlossen. Bei insgesamt 120 Ausbildungsplätzen werden durch Abbrüche und Beendigung der Ausbildung jedes Jahr 40 bis 50 Plätze frei, die neu besetzt werden können – und müssen, um die Finanzierung der autonomen jugendwerkstätten sicherzustellen.

Seit 2006 gibt es im Bereich der Jugendberufshilfe (JBH) und des Hamburger Ausbildungsplatzprogramms (HAP) keine institutionelle Förderung mehr. Statt dessen werden die Plätze über ein Interessenbekundungsverfahren vergeben. Schon 2008 hat ajw aus diesem Verfahren nur sechs Malerplätze finanziert bekommen, in diesem Jahr keinen einzigen Platz. Begründung: andere Träger haben bessere Konzepte und höhere Vermittlungsquoten und sind billiger. Hier liegt in unseren Augen das Problem: wer überwiegend Jugendliche einstellt, die man nach einem Jahr in Betriebe vermitteln kann, hat natürlich eine Supererfolgsquote und ist obendrein billig, weil nur ein Jahr Ausbildung finanziert werden muss und nicht drei. Aber schaffen das wirklich alle sozial Benachteiligten? Und wenn nicht, wo bleiben die anderen? Hinzu kommt, dass in diesem Jahr überwiegend Ausbildungsplätze im Gastro-Bereich, in der Pflege sowie zum Frisör finanziert werden (insgesamt 56 Plätze) – für viele Jungs nicht gerade die erste Wahl. Daneben gibt es in diesem Sommer in der Jugendberufshilfe bei freien Trägern nur Plätze im Metallbereich (insgesamt 35 Plätze), aber nicht einen einzigen Ausbildungsplatz für Maler, Tischler, Gärtner oder Installateure. Diese Entwicklung beim Berufsangebot und der immer größere Erfolgsdruck auf die Träger kann unseres Erachtens nicht im Interesse der benachteiligten jugendlichen sein.

Für ajw bedeutet die Entwicklung, dass

  • ab Sommer ein Drittel unserer Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden kann
  • wir die Räumlichkeiten der Maler kündigen mussten, um Mietkosten zu sparen – sie ziehen vorübergehend zu den Tischlern
  • wir zum Ende des Jahres die Hälfte unseres Personals entlassen müssen
  • wir überlegen, unsere regional eingebundenen Werkstätten ganz aufzugeben und in ein zentrales Gebäude zu ziehen, um Kosten zu sparen
  • ajw ganz schließen muss, wenn wir nicht spätestens zum nächsten Sommer wieder neue Ausbildungsplätze finanziert bekommen.

Wenn das verhindert und eine breit aufgestellte, ausreichend finanzierte Jugendberufshilfe erhalten werden soll, braucht ajw jetzt die Unterstützung von möglichst vielen Einrichtungen, die mit jungen Menschen arbeiten und sich für deren Bildungs- und Integrationschancen einsetzen.

Michael Nieselt für die autonomen jugendwerkstätten